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17.03.2020

Corona und die sozialen Medien

Dr. Rüdiger Laub

Ein Hoch auf die (sozialen) Medien! So schnell und exakt wurden wir noch nie zuvor informiert. Geballte Kraft von hunderten Experten! Sternstunden menschlicher Innovation und Kommunikation.

Aufgeregt rief mich ein Verwandter an: „Ich habe Dir eine Sprachnachricht geschickt. Ibuprofen beschleunigt Corona“ So teilt es Elisabeth, die Mama von Poldi aus Wien, über soziale Medien der Welt mit: An der dortigen Uni wurde herausgefunden, dass die Italiener deshalb so hart getroffen sind, weil die alle zuvor Ibuprofen eingenommen hatten. „…die Nachricht ist natürlich inoffiziell, wegen der Pharmaindustrie, Sie wissen schon, die würden dann klagen…..“ - klingt plausibel. - Eine Stunde später, die nächste Sensation, aufgespürt von Freunden: In einer Londoner Klinik würde man Freiwillige für eine klinische Studie suchen, die sich für 4.000€ mit CORONA infizieren ließen. „Männersache.de“ am 9.März 2020: Klinik zahlt 4.000 €, wenn du dich mit Coronavirus infizieren lässt. The Brussels Times, am gleichen Tag: „Volunteers offered €4,000 to be infected with the coronavirus“)

Unglaublich, sensationell, tausende Klicks. Krass. Geil. Übergeil.

Aber lesen wir weiter: Beiläufig wird erwähnt, man „verabreiche“ im Queen Mary BioEnterprises Innovation Centre die milde Variante eines ganz anderen Virus: Corona Stamm 229E und OC43. So richtig glauben kann ich‘s trotzdem nicht, dass eine solche Klinische Studie möglich ist. Also schaue ich ins europäische Register für klinische Studien. Hier sind 36.716 (!) klinische Prüfungen für die EU detailliert aufgelistet, 38 Studien für den Suchbegriff „SARS“ und fünf für Queen Mary Enterprices, alle vor 2015 – kein Corona.

Wenn wir diese Breaking News mit den wichtigen Infos zur Verknappung von Nudeln, Reis, Konserven, Desinfektionsmitteln und Sanitärartikeln kombinieren, wird sofort klar: Lassen Sie sich schnell in London mit „Corona“ infizieren und kaufen Sie für die 4.000 € Klopapier (keineswegs Ibuprofen!). Echte (Über-) Lebenstipps aus den (sozialen) Medien.

Übrigens: SARS CoV-2 heißt das Virus, welches die Infektionskrankheit COVID-19 überträgt. Und Klopapier hilft nicht wirklich.

Nachwort: Auch dieser Beitrag wird über ein soziales Medium kommuniziert. Informieren Sie sich besser unter Robert Koch Institut oder dem Bundesgesundheitsministerium.

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